Alina Kunitsyna

Visus / Exuvie




Auf den ersten Blick scheint das Thema von Alina Kunitsynas Malerei die Realität zu sein, das Portrait und das Abbilden alltäglicher Gegenstände, wobei hier der Fokus alleine schon durch ihre inhaltliche Intentionen auf Kleidungstücken wie Mänteln, Stoffen und Schuhen liegt und auf Überresten von Verpackungen wie Kartons. Wenngleich das narrative Moment nicht ausgeschlossen ist, ist Alina Kunitsyna weit davon entfernt, die Realität als mimetische Abbildung in ihre Malerei zu übersetzen. Auch wenn die Motive oder die Portraits in akribischer Genauigkeit wiedergegeben sind, bilden sie nur die Basis ihrer konzeptuellen Überlegungen. Vielmehr entwirft sie gedanklich eine nahezu abstrakte Partitur, die auf eine weitere Ebene verweist und die Frage nach der identität per se stellt, die sich sowohl auf die Personen als auch auf die dargestellten Objekte bezieht. Die Künstlerin wird zur Beobachterin des Alltags, folgt jedoch mit ihrem Blick nicht der Oberfläche, sondern versucht hinter das nach außen hin sichtbare zu schauen. Das Objekt wird zum Faktum des Fragmentarischen, indem es den Mittelpunkt der Bildkomposition bildet, aber den kausalen Zusammenhang nur andeutet. Die Frage nach den Personen, durch die diese Objekte bzw. Kleidungsstücke zweifellos geformt wurden,
sei es der am Haken hängende Mantel, die Deckenhülle, der getragene schuh oder auch der gefaltete, geknüllte Karton, verwirklicht sich im Hinweis auf deren Abwesenheit. Solcherart realisiert Alina Kunitsyna über die Darstellung hinaus ein komplexes Bedeutungs- und Reflexionsgeflecht.